Den heutigen Beitrag will ich dem Film Black Swan widmen. Gestern kam ich endlich dazu, ihn anzusehen. Ein wirklich sehr empfehlenswertes Meisterwerk. Durch glückliche Fügung war es für mich zudem auch fast schon ein finanzielles Vergnügen. Nun aber zur eigentlichen Sache:
Ich wartete auf meine Mitfahrgelegenheit. Wir betraten später zu genau dem Zeitpunkt, als der Film anfing den Kinosaal. Gespannt verfolgte ich die ersten Szenen, da erschien Mila Kunis auf der Leinwand. Viele werden sie aus der Serie Die wilden 70er auf Kabel1 kennen, in der sie Jacky verkörpert. Eine ähnlich freche, lebensfrohe Rolle spielt sie auch in Black Swan als Lily. Sie ist jedoch erwachsener und professioneller und keine Zicke. Sie ist der Ersatz für eine verhinderte Tänzerin und kommt aus San Francisco.
Nina, gespielt von Natalie Portman, ist eine ehrgeizige Ballerina, die für ihre Karriere alle damit verbunden Schmerzen und Verzichte in Kauf nimmt. Sie ist Perfektionistin. Spaß hat sie wenig.
Maßgeblich durch ihre Erziehung dazu beigetragen hat ihre Mutter. Ihres Zeichens Ballerina bis sie vom Choreographen geschwängert wurde.
Am besten kann man die Banalität - ja fast schon Abstrusität - der Beziehung der Mutter zu Nina nach der in Vorschauen oft gezeigten Kuss/Biss-Szene und als Lily an der Wohnung der beiden klingelt erkennen.
Thomas (französische Aussprache), der Direktor des Ballettensembles, will die neue Saison mit einer Neuinszenierung von Schwanensee eröffnen.
Diesen Part spielt Vince Cassel, bekannt aus Der Pakt der Wölfe, Die purpurnen Flüsse, Ocean's 12 und Ocean's 13 hervorragend. Man will einfach sein wie er. Für mich neben Jean Reno der beste französische Schauspieler.
Thomas erhofft sich durch die Neuinszenierung ein großes Publikum. Viele Ballerinen sind jedoch der Meinung, dass die (besten) Zeiten des Ballettes schon vorbei sind. Zum Ende der Saison wird die ehemalige Primaballerina Beth ihre Karriere beenden. Sie ist eine Diva und Vorbild für alle übrigen Tänzerinnen, insbesondere für Nina. Im späteren Verlauf erleidet Beth einen schweren Schicksalsschlag.
Nina gehört zu den Auserwählten, die für das Stück vortanzen dürfen. Dank ihres akribischen Perfektionismus ist sie die Idealbesetzung für den weißen Schwan - die gute Seite der Schwanenkönigin. Sie selbst rechnet jedoch nicht damit, die Rolle zu ergattern. Lily, die unbeschwerte Neue aus San Francisco, ist jedoch die Idealbesetzung für den bösen schwarzen Schwan, für welchen mehr Hingabe und Erotik erforderlich ist - schlecht für die Perfektionistin Nina
Während der ersten Proben machen sich erste Facetten des schwarzen Schwanes an Nina bemerkbar. So unscheinbar, dass man sich nicht sicher ist, ob es ihr wahres Ich ist oder der Schwan.
Der Spiegel - er übernimmt eine äußert wichtige Rolle im Film.
Wirklich sehr geschickt gemacht: Dadurch, dass man den Charakter Ninas zu Beginn schwer einschätzen kann, verläuft die Wandlung zum schwarzen Schwan fließend. Man weiß oft nicht, ob man die normale Nina, oder den immer stärker werdenden schwarzen Schwan sieht.
Ich wurde in den Film hineingezogen, wie bei noch keinem anderen. Wohl, weil Nina sich in einer uns allen vertrauten Situation befindet, wenn ihre auch extremer ausfällt: Im Alltag - ob Schule, Beruf oder vielleicht bei den Eltern - wird in welcher Weiße auch immer Perfektion von uns erwartet. Aus diesem von außen erschaffenen Konstrukt wollen wir ausbrechen - was Nina als schwarzer Schwan auch tut.
Wir tun dies auch durch Parties, eventuell Drogen, aber vor allem Amüsements, die Nina fremd sind.
In jedem von uns steckt ein Stück schwarzer Schwan.
Der Film beeinflusst einem so sehr, dass man sich anfängt zu fragen "Bin ich auch der schwarze Schwan?". Auf meinem Toilettenbesuch nach der Vorführung war ich beeindruckt und erschreckt zugleich von seiner Manipulationskraft als ich nach dem Händewaschen in den Spiegel sah. Meine Fragen zum Film beschaftigten mich noch ca. 1 1/2 Stunden.
Zu den Horror-Szenen sei so viel zu sagen: Jedes Mal, wenn die dem entsprechende Musik ertönt, jedes Mal, wenn man denkt, der schwarze Schwan könnte kommen bekommt man dieses Gefühl von teuflischer Genugtuung: kalter Rücken - ohne, dass man größere Angst bekommt, fast schon sadistisches Warten auf die nächsten psychischen und physischen Schmerzen Ninas, eine gewisse Kraft und Blutrünstigkeit. Hinzu kommt eine Ungewissheit, wen man sich mit den Fragen der Handlung beschäftigt.
Auch hier wieder ein großes Kompliment: Der Film schafft es, sich mühelos in seine Bann ziehen zu lassen - gleichzeitig regt er jedoch dazu an, sich Fragen zu stellen.
Bewundernswert ist die Omipräsenz von Natalie Portman. Eine großartige Leistung. Es gibt keine Szene, in der man sie nicht sieht.
Sie versteht es, einen Glauben zu machen, es könnte echt sein.
Von ihr lebt der Film. Mit Exzellenz vereinbart sie die beiden Aufgaben als weibliche Hauptrolle. Ohne sie könnte man sich nicht so bedingungslos mitreisen lassen, ohne sie als schwarzen Schwan hätte man keine Nervenkitzel.
Ohne Vergleichswerte zu haben, rechne ich fest damit, dass Black Swan heute Nacht die Oscars für die Beste Hauptdarstellerin und den Besten Film und vielleicht auch für Beste Regie, Kamera und Schnitt bekommt.
Weitere Filme mit Natalie Portman erwarte ich mit Vorfreude. Die DVD werde ich mir auf jeden Fall kaufen.
1 Kommentar:
Genial Zusammengefasst, sehr informierend und in top Sprache verfasst!
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